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Leipziger Literatur-Zeitung.

Am 5. des July.

Kirchengeschichte.

Fortsetzung

160.

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1814.

ten gewähren, welche ehedem die Glieder der Kirche entzweyt und ihre Leidenschaften entzündet haben. 5) Ein beträchtlicher Theil der Schriftgelehrten und Pharisäer hat das gnostische System frühzeitig angenommen, in der Absicht das Evangelium zu vernichten. Christus selbst hat die Betrügereyen der Guostiker vorhergesehen, und seine Schuler vor den traurigen Wirkungen ihrer Heucheley gewarnt, Matth. 7, 15. Cap. 24, 24.. So auch die Apostel, Gal. 1, 6. Hebr. 6, 1. Cap. 19. Indem die Pharisäer und Sadducäer Christum verwarfen, waren sie auch genöthigt, den Gott ihrer Väter zu verwerfen. Diess sucht der Vf. aus Stellen des N. T. zu erweisen, wobey wir uns nicht aufhalten wollen. Cap. 20. Von den falschen Propheten, vor welchen Jesus gewarnt hat, findet Hr. Jones Nachrichten in verschiedenen Stellen der Schriften des Josephus, vornemlich in seinen Alterthümern, B. 20, C. 8, 10. Die faischen Propheten und gnostischen Lehrer waren die nämlichen Zeloten und Räuber, von welchen Josephus Nachricht gibt. Verschiedene Stellen des Josephus werden mit einander verglichen, und ihre Aehnlichkeit bemerkt, welche allerdings auffallend ist. Vornemlich verdient bemerkt zu werpen, dass Josephus erzählt (Alterth. B. 20, C. 9.) der Hohepriester Ananus habe den Jacobus, einen Bruder desjenigen, welcher Christus genennt wird, unter dem Vorwand, dass er ein Uebert eter des Gesetzes sey, steinigen lassen; das sey aber von den billigsten und im Gesetze genau unterrichteten Männern der Stadt äusserst gemissbilligt worden, und der König Agrippa habe ihn seines Hohenpriesterthums entsetzt. Hieraus ist wenigstens so viel zu schliessen, dass Josephus selbst die Hinrichtung des Jacobus gemissbilligt habe. Bey dem übrigen Theil dieses Cap. können wir so wenig als bey dem 21sten verweilen, ohne zu weitläuftig zu werden. Das Resultat der von dem Verf. in diesem ersten Band angestellten Untersuchungen ist nach seiner völligen Ueberzeugung, dass Philo und Josephus Christen, christliche Schriftsteller, Vertheidiger Christi und der ersten Christen gewesen, und dass ihre Schriften als neue und echte Quellen zu betrachten sind, aus welchen die ursprünglichen Lehren des Christenthums bestätigt werden können.

der Recension von: Ecclesiastical Researches, und Sequel to ecclesiastical Researches by J. Jones. Im 17. Cap. soll bewiesen werden, dass die Irrlehrer und Verführer, welche 2 Petr. 2, 1 fg. und in dem Brief Judä geschildert werden, die nämlichen gewesen sind, welche Josephus Zeloten nennt. Die Stellen in den Briefen dieser beyden Apostel sind dunkel; aber die Schilderung, welche der jüdische Geschichtschreiber (vom jüd. Krieg B. IV, 3. 9. und in mehrern Stellen) von den Zeloten macht, verbreitet über dieselben ein grosses Licht. Hr. Jones hält sie für Gnostiker. Er schildert ihren Charakter in religiöser, moralischer und politischer Hinsicht, und findet zwischen den Beschreibungen der Apostel und des Josephus eine auffallende Aehnlichkeit. Diese Aehnlichkeit ist nicht zu läugnen, und es dürfte vielleicht der Mühe werth seyn, die Sache näher zu prüfen. In einer Rec. kann diess, wie es sich von selbst versteht, nicht geschehen. Im 18. Cap. wird das gnostische System ausführlicher dargestellt. Sie waren Atheisten, läugneten den Schöpfer der Welt, die menschliche Natur Christi, in der Absicht die Lehre von einem künftigen Zustande, welche sich auf seine Auferstehung gründet, zu untergraben. Die Nachrichten des Irenäus, Theodoretus und Epiphanius werden mit dieser Darstellung verglichen. Hierüber werden noch folgende Bemerkungen gemacht: 1) Die Gnostiker waren keine in Irrthum befangene Freunde, sondern boshafte, obgleich heimliche Feinde des Christenthums. Als solche werden sie von den Aposteln bezeichnet, 1. Joh. 4, 23. 1 Tim. 1, 19. 2 Kor. 11, 13. und in an dern Stellen. 2) Das gnostische System ist bald nach der Bekanntmachung des Evangeliums gebildet, und an allen Orten, wo dasselbe vorher verkündigt war, gepredigt worden. Die Ueberlandiehmung dieser verderblichen Ketzereyen war das Mittel in der Hand der Vorsehung, die Apostel aufzufordern, ihre Briefe zu schreiben, und die dunkeln und streitigen Stellen dieser Briefe können blos durch Vergleichung mit den Irrthümern, welehe sie widerlegen wollen, verstanden werden. Diess wird ein neues Feld zu biblischen Untersuchungen öffnen, und die glückliche Aussicht zur Beendigung der Streitigkei-sprüngliche Christenthum bereits zu den Zeiten Jesu

In dem folgenden Band soll aus Josephus dargethan werden, dass die beyden ersten C pitel des Matthäus und Lukas unecht sind, und dass das ur

und seiner Apostel durch Gnostiker verfälscht worden ist. In einer 46 Seiten langen Einleitung wird eine Uebersicht des vorhergehenden Baudes gegeben, welche für die Besitzer desselben ganz uberflus ig ist. Weil aber nach der Absicht des Verls. jeder Band, obgleich mit den vorhergehenden Bänden zusammenhängend als ein für sich bestehendes Work soll benutzt werden können, so musste er dergleichen Wiederholungen nöthig finden, die folglich auch in den Fortsetzungen Statt finden werden. Aber auch in der Abhandlung selbst wird die nämliche Erzählung w hl zehnmal wiederholt, wie denn der Vf. überhaupt oft alles unter einander wirft, ohne einen festen Plan vor Augen zu haben. Wir wollen unsre Anzeige so kurz fassen als möglich ist.

Erster Theil. Cap. 1. Hier wird der Verdacht geäussert, dass das Heidenthum die wirkliche Quelle des Glaubens an die Gottheit Christi sey; in der Folge wird es aber als gewiss vorausgesetzt. Nach der Meinung der Heiden erschienen nämlich ihre Götter oft in Menschengestalt, oder vereinigten sich mit den Leibern der Menschen. Da nun die Wunder Jesu unter den Heiden bekannt wurden, so schlossen sie, er sey selbst einer von den Göttern und verrichte seine Thaten aus eigner Kraft, nicht mit Beystand des Jehova. Diess erhellet, wie der Vf. glaubt, ganz deutlich aus folgendem Beyspiel: Da nämlich der Apostel Paulus zu Lystra einen Lahcen gesund gemacht hatte, so erhob das Volk seine Stimme und sprach auf Lykaonisch: die Götter sind den Menschen gleich geworden, und zu uns hernieder gekommen (Apostelg. 14, 11.). Hätte Christus dieses Wunder verrichtet, so würde das Volk zu Lystra ohne Zweifel das nämliche von ihm gesagt haben. So urtheilt auch Eusebins (Kirchengesch. B. I, C. 13.) die Gottheit unsers Herrn und Heilandes Jesu Christi (so lauten seine Worte), wurden unter allen Völkern gepriesen wegen seiner Wunderwerke. Christus hat seine Wunder in der Absicht verrichtet, um zu beweisen, dass er von Gott gesandt sey, und oft versichert, er verrichte sie nicht aus eigener Kraft, sondern durch Beystand seines Vaters. Die Heiden glaubten das Gegentheil, und ihr Glaube an seine Wunder hatte auf den Glauben an seine Lehre nicht den geringsten Einfluss. Tertullian erzählt, der Kaiser Tiberius habe ihn wegen des Gerüchts von seinen Wunderthaten vergöttern wollen (Apologie C. 6.), aber von seiner Lehre nahm er gar keine Notiz. Darüber wird noch ein Langes und Breites gesagt, und eine grundlose Hypothese an die andere gereihet. In dem 2. Cap. will der Vf. beweisen, dass die Lehre von der Gottheit Christi darauf berechnet war, seine Religion zu untergraben und dass seine Feinde blos in der Ahsicht ihre Zuflucht zu dieser Hypothese nahmen, das Evangelium unwirksam zu machen. Diess war, wie er meint, offenbar die Absicht der Gnostiker (Phari äer), wenn sie sagten, Jesus treibe die Dämonen aus durch Beelz bab, das Oberhaupt der Dämonen. Damit wollten sie nicht blos sagen, dass

Beelzebub Jesu beystehe, sondern dass er in ihm wohne. Diess erhellet aus den Worten des Marcus, welcher die Pharisäer sagen lässt, er habe einen unreinen Geist. Marc. 3, 28. Diess scheint dem Vf. ein Umstand von grosser Wichtigkeit zu seyn, welcher von gelehrten Männern nicht gehörig beachtet worden sey. Denn diess zeige ganz deutlich, dass es die Feinde Jesu für das sicherste Mittel hielten, sein Ansehen zu vernichten, wenn sie behaupteten, er sey ein ubernaturliches Wesen, oder es sey ein ubernatürliches Wesen mit ihm vereinig. Aber glaubten sie denn wirklich, dass seine Werke von Beelzebub herrührten, oder war es eine Ausflucht, von deren Falschheit sie in ihren Herzen uberzeugt waren? Der Vf. hält es für ausgemacht, dass sie ganz gegen ihre Ueberzeugung handelten. Daher beschuldigte sie Jesus der schrecklichen Sunde wider den heiligen Geist. Indessen verbargen sie ihre Feindschaft, und erfanden ein künstliches System, welches den Vorurtheilen der Juden schmeichelte, und den schändlichsten Ausschweifungen volle Freyheit gab. Die Urheber dieses Systems wollten sich das Ansehen geben, als ob sie Jesum verehrten und behaupteten, sie lehrten seine Religion, obg eich ihre wirkliche Absicht war, dieselbe zu untergraben, indem sie ihre eigenen gottlosen Vorstellungen damit verbanden. Sie sind in der Kirchengeschichte unter dem Namen der Gnostiker bekannt. Sie waren entschiedene Atheisten. Sie lehrten, der Schöpfer sey ein übelwollendes, untergeordnetes Wesen und wollten, wie sie vorgaben, den höchsten Gott bekannt machen, welcher in einer ewigen, unthätigen Einsamkeit gelebt, und dem menschlichen Geschlecht bisher ganz unbekannt gewesen sey. Von Christo behaupteten sie, er sey nicht von Gott gesandt, sondern gekommen die Werke Gottes zu zerstören, und seinen Schülern die Freyheit zu verschaffen, nach ihren Neigungen zu leben, ohne sich den drückenden und willkürlichen Gesetzen zu unterwerfen, welche Moses und die Propheten vorgeschrieben hatten etc. Die christlichen Lehrer der ersten Jahrhunderte waren unter Heiden erzogen worden, und daher waren sie geneigt die Gottheit Christi anzunehmen, als einen natürlichen Grundsatz des Heidenthums. Sie bemerkten, dass der Ausdruck Logos, Wort in dem N. T. Christo beygelegt wurde, und weil sie glaubten, es beziehe sich nicht auf sein Amt, sondern auf seine Person, so betrachteten sie ihn als einen zweyten Gott, und bemühten sich die nämliche, oder eine ähnliche Lehre in den Meinungen und in der Sprache des Plato zu entdecken. Da noch die Personification des heil. Geistes hinzukam, so wurde die Lehre von der Dreyeinigkeit ein Fundamentalartikel des christlichen Glaubens. Die Feinde des Christenthums ermangelten dann nicht zu bemerken, dass, wenn diese Lehre der Hauptartikel des Christenthums sey, und wenn diese Lehre in den Schriften der griechischen Philosophen gefunden werde, daraus folge, dass das Christenthum

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selbst, als eine göttliche Offenbarung ganz unnöthig sey. Diese Art zu schliessen entstand zuerst in der platonischen Schule zu Alexandrien. Die Stifter dieser Schule gaben den Christen zu, dass die Hauptlehren des Christenthums in den Schriften des Flato enthalten seyen, unerachtet nichts dergleichen in seinen Schriften enthalten ist; und so glaubten sie die vornehmsten Säulen des Christenthums umgestürzt zu haben. In diesem Werke der Bosheit hat sich vorzüglich Plotin hervorgethan. Die Hauptlehre, die er in allen seinen Werken vorträgt, ist eine Dreyeinigkeit in der göttlichen Natur. Amelius und Numenius ein Pythagoreischer Philosoph waren ebenfalls feindselig gegen das Christen hum gesinnt etc. Cap. 5. Die christlichen Schriftsteller, welche gegen das Zeitalter Justin des Märtyrers lebten, haben die anstössigsten Grundsätze der Gnostiker verworfen, aber alle Lehren Christi und seiner Apostel beybehalten. Aus dieser unnatürlichen Verbindung ist ein äusserst absurdes und schädliches System entstanden, welches bis auf diesen Tag mit einigen zufälligen Veränderungen beybehalten wird. Dahin gehören die Lehren von der Gottheit Christi, von dem natürlichen Verderben des Menschen, von der Erbsünde, der Genugthuung, d. freyen Gnade, der Rechtfertigung durch den Glauben. Das sind die Hauptartikel des neuen christlichen Glaubens, welche aus gnostischen Principien nothwendig folgen, obgleich die Verbesserer ihres Systems nicht das Ansehen haben wollen, dass sie dieselben billigten. - Diess wird weiter erklärt, und soll im Folgenden ausführlicher bewiesen werden. Cap. 4. Die Gottheit, die wunderbare Geburt, die Genugthuong Christi sind weder von Moses noch von den Propheten gelehrt worden. Sie können daher nicht als Theile des Christenthums, welches nichts anders ist als ein verfeinertes, gereinigtes Judenthum, betrachtet werden. Cap. 5. Josephus gibt zu verstehen, dass die Lehre von der wund rbaren Geburt unsers Herrn durch gewisse Betrüger, welche in Rom das Evangelium zu lehren vorgaben, entstanden ist. Diess ist der Inhalt die es Capitels. Josephus erzählt nämlich (Alterth. B. 18, 3.) unmittelbar nach seinem Zeugnisse von Christo die Begebenheit mit der Paulina, der Gemahlin des Saturninus, einer wegen ihrer Schönheit, ihrer Tugend und besonders wegen ihrer Keuschheit allgemein geschätzten Frau, welche in dem Tempel der ägyptischen Göttin Isis nach ihrer Meinung von dem Gott Anubis, in der That aber von einem reichen römischen Ritter, Mundus, der sich mit Hülfe der von ihm mit Geld bestochenen Priester zur Nachtzeit in dem Tempel eingeschlichen, schwanger geworden. Nachdem der Ritter selbst der Paulina, die er nicht mit Geld zu seinem Willen hatte verleiten können, den Betrug entdeckt hatte, klagte Saturninus bey dem Kaiser Tiberius, welcher den Tempel der Isis zerstören, die Priester kreuzigen liess und den Mundus des Landes verwiess. Ein gottloser Jude, welcher sich aus seinem Lande nach

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Rom geflüchtet hatte, weil er der Uebertretung des Mosaischen Gesetzes beschuldiget worden war, und der Strafe zu entgehen suchte, gab sich für einen Lehrer des Christenthums aus und dieser hat, wie Hr. Jones meint, das Gerücht verbreitet, was von der Paulina erzählt werde, das sey von Maria, der Mutter Jesu zu verstehen, und diess sey der wahre Ursprung der Lehre von der wunderbaren Geburt Christi. (Diess ist offenbar eine blosse Muthmassung.) Indess lässt sich die Ursache nicht leicht angeben, warum Josephus die Geschichte der Paulina unmittelbar nach seinem Zeugnisse von Christo erzählt. Denn es ist schwer den Zusammenhang zu then, und diesen Umstand haben manche Gelehrte als einen Beweis angeführt, dass die Stelle, welche das Zeugniss von Christo enthält, untergeschoben sey. Cloppenburg meinte, Josephus habe den Glauben der Christen von der Empfängniss Christi, und von seiner Geburt aus einer Jungfrau durch Wirkung des h. Geistes lächerlich machen wollen, und daher habe ein Christ jene Stelle von Christo eingeschoben. Auch Capellus und Tanaquil Faber glaubten, wenn man diese Stelle von Christo weglasse, so würde der Zusammenhang der Erzählung leicht eingesehen werden können. Hingegen glaubte Sebaldus Snell, es komme ein guter Zusammenhang heraus, wenn auch die Stelle, welche das Zeugniss von Christo enthält, echt sey. Vorher hatte nämlich Josephus von dem Ungluck, welches den Juden begegnet war, gesprochen; bald hernach erzählt er, dass sie aus Rom vertrieben worden, und nun rückt er die Geschichte von der Paulina ein, um die Ursache zu erklären, warum der ägyptische Götterdienst aus Rom verbannt worden. Beyder Schicksale erzählen auch Tacitus (Annal. lib. II, c. 85.) und Sueton (cap. 36.) in Verbindung mit einander. Die verschiedenen Meinungen der Gelehrten über den Zusammenhang der streitigen Stellen des Josephus hat neuerlich Hr. Hofr. Eichstädt im zweyten Programm gegen den Hrn. Sup. Bretschneider, welcher die Echtheit des Zeugnisses von Christo zu vertheidigen gesucht hat, angeführt. Nach Hrn. Jones hat Josephus die Geschichte der Paulina in der Absicht angeführt, die Ehre der Mutter Jesu und der Apostel zu vertheidigen, und den Ursprung der Lehre von der übernatürlichen Geburt Christi anzudeuten. Es ist, wie gesagt, eine blosse Muthmassung. Im 6. Cap. wird der Inhalt der zwey ersten Capitel des Evangelisten Matthäus durchgegangen, und mit dem, was sich damals zu Rom zugetragen, verglichen. Wir können aber dem Vf. hierin nicht folgen. Cap. 7. Nach der Erzählung bey Matthäus war Christus wenigstens zwey Jahre vor dem Tode Herodis des Grossen geboren; aber aus der Vergleichung des Lucas mit Josephus erhellet, dass er zehn Jahre nach dem Tode dieses Fürsten geboren ist. Denn nach Josephus kam Cyrenius auf Befehl des Kaisers wegen der Schatzung nach der Absetzung des Archelaus nach Judäa, da s heisst zehn Jahre nach dem Tode des Herodes; und

aus Lucä Erzählung folgt, dass zu der Zeit der Geburt Jesu kein König in Judäa war. Nach einer andern Berechnung, welche keinen Auszug verstattet, ist Christus zwey Jahre nach dem Tode des Herodes geboren. (Bekanntermaassen haben die Gelehrten die in der Erzählung Luca befindliche chronologische Schwierigkeit auf verschiedene Weise zu lösen gesucht.) Im 8. Cap. sucht der Verf. zu beweisen, dass die zwey ersten Capitel des Matthäus aus einem alten unechten Evangelio, nämlich aus dem Evangelio Infantiae genommen seyen, welches nach seiner Meinung älter als das Evangelium Matthai, und das Werk der ersten guostischen Betrüger zu den Zeiten der Apostel ist. Dieses unechte Evangelium ist in den zwey oder drey ersten Jahrhunderten geheim gehalten worden, bis Hieronymus nach dem Rath zweyer Bischöfe, Chromatius und Heliodorus, gewagt hat, dasselbe in einer lateinischen Uebersetzung bekannt zu machen. In seiner Antwort auf das Ansinnen dieser Bischöfe sagt er unter andern, Matthäus habe dieses Buch in hebräischer Sprache geschrieben, damit es nicht Jedermann lesen könne, und dasselbe nur sehr gewissenhaften Männern anvertrauet. Aber ein Manichäer, Namens Seleucus, habe dieses Buch verfälscht etc. Allein Hr. Jones hat hier einen zweyfachen Irrthum begangen. Denn erstlich stehen diese Briefe nicht vor dem Evangelio Infantiae, sondern vor dem Evangelio Nativitatis Mariae, und zweytens sind diese Briefe untergeschoben, wie mehrere Gelehrte bewiesen haben. (Vid. Jo. Alb. Fabricii Codex Apocryphus N. T. Tom. I. p. 7 sq.) Lin Evangelium Infantiae, welches dem Apostel Thomas zugeschrieben wird, und ein anderes, welches Heinr. Sike aus dem Arabischen übersetzt hat, sind davon ganz verschieden. Es ist nicht der Mühe werth, weiter davon zu sprechen. Das nämliche gilt von dem Inhalt des gten Capitels. Hier wird behauptet, die zwey ersten Capitel bey Lucas seyen aus einem alten untergeschobenen Evangelio, das Evangelium Mariä genannt, genommen. Nachher sagt er, es sey das nämliche, welches Protevangelium Jacobi genannt werde. Aber beyde sind verschieden. Wem daran gelegen ist, findet bey Fabricius (Cod. Apocr. p. 40 fg.) ausführliche Nachricht. Dass aber die zwey ersten Capitel des Lucas aus diesem erdichteten Evangelio genommen seyen, hat der Vf. nicht bewiesen und wird es nie beweisen. Cap. 10. Die Gläubigen aus dem Judenthum verwarfen die Lehren von der Gottheit, der wunderbaren Geburt und der Genugthuung Christi.. Unter den jüdischen Gläubigen versteht der Vf. Essener, welche nachher Nazaräer oder Ebioniten genannt worden sind. Zu dieser Partey gehörten auch Symmachus, Theodotion und Aquila. Am Schlusse dieses Capitels sucht Jones diejenigen zu widerlegen, welche die Echtheit der bestrittenen beyden ersten Capitel des Matthäus und Lucas behaupten; und hier wählt er Hrn. Marsh, welcher in seiner Uebersetzung von Michaelis Einleitung etc. (B. IV. S. 158 f.) davon gehandelt hat, zu seinem Gegner. Ob es dieser scharfsinnige Gelehrte der

Mühe werth achten wird, sich zu vertheidigen, steht

zu erwarten.

Zweyter Theil. In 10 Capiteln sucht der Vf. zu beweisen, dass die Lehren von der Gottheit, wunderbaren Geburt und Genugthuung Christi in den Schriften der vier Evangelisten, in allen apostolischen Briefen und in der Offenbarung Johannis widerlegt werden. Freylich findet der VI. in manchen Stellen des N. T. was kein anderer Ausleger darin wurde gefunden haben. Er entschuldigt sich in der Vorrede zu diesem zweyten Band, cass er von den Schriften neuer Gottesgelehrten selten Gebrauch gemacht habe, und führt als Ursache an, er habe die Schrift mit neuen und eigenen Ansichten gelesen; in Sachen der Kritik und der Kirchengeschichte urtheile er für sich selbst, und achte wenig auf die Meinungen gelehrter Theologen; er habe jedoch die Werke von Lardner, Priestley, Lindsay, Wakefield und Belsham mit wahrem Vergnügen gelesen, und fühle sich zur Dankbarkeit für ihre Arbeiten verpflichtet, ob er es gleich wage, in manchen Stücken von ihnen abzugehen. Der Letztere (Belsham) könne mit Recht für den vornehmsten Verfechter des Unitarianismus in England gehalten werden; und Niemand, wie er auch unterrichtet sey, könne sein Calm Enquiry lesen, ohne auf eine angenehme Art unterhalten und belehrt zu werden.

Rec. hält es für unnöthig Proben von Schrifterklärungen des Hrn. Jones anzuführen; denn obgleich manche Stellen, wo ihn nicht seine besondern Ansichten irre führen, gut erklärt werden, so ist doch die Zahl erzwungener Erklärungen weit grösser. Ueberall im ganzen N. T. findet er seine Todfeinde, die Gnostiker, als die abscheulichsten Verfälscher des Christenthums, und da wird oft das Nämliche bis zum Ekel wiederholt. Wer sich nun nicht in den Gesichtspunct des Verfs. stellen kann, der wird auch in den biblischen Stellen nicht sehen, was Er darin zu sehen glaubt.

(Der Beschluss folgt.)

Kurze Anzeige.

La Mythologie des Dames ou Traité de l'Histoire des Dieux de la Fable. Avec des notes historiques et géographiques. Par C. M. de Servais, Licensié en droit et ci-devant Avocat. Wien b. Camesina 1813. 364 S. gr. 12. mit 1 Titelkupf. (2 Thlr.)

Eine Mythologie, nach gewöhnlichen Schlage, ohne strenge Ordnung, aus Chompré, Noël und andern ehemals gangbaren Werken geschöpft (Millin scheint der Vf. noch nicht zu kennen), mit manchen Fehlern in Namen und Sachen, bestimmt,,à simplifier une partie de l'education des jeunes persones“ (nämlich von vornehmen Stande, um die Worte des Vfs. zu wiederholen) leicht und angenehm vorgetragen, und mit so vieler Schonung der weiblichen Schamhaftigkeit als die Natur mehrerer Mythen verstattet.

Leipziger Literatur-Zeitung.

Am 6. des July.

Kirchengeschichte.

Beschluss

161.

der Recension von: Ecclesiastical Researches, und
Sequel to ecclesiastical Researches by J. Jones.
Der Verf. beschliesst sein Werk mit einigen Fol-
gerungen, die er aus seinen angestellten Untersu-
chungen herleitet. Die erste ist, dass nunmehr alle
Einwendungen, welche von gelehrten Männern ge-
gen das Zeugniss des Josephus von Christo vorge-
bracht werden, vollkommen widerlegt sind, insbe-
sondere aber der Einwurf, welcher von dem Still-
schweigen der griechischen und lateinischen Kir-
chenväter der drey ersten Jahrhunderte hergenom-
men ist. Die frühern Apologeten wussten, dass Jo-
sephus in dem Zusammenhange (dieser Stelle mit.
der folgenden) Dinge an das Licht gezogen hatte,
die sie geheim zu halten eifrig wünschten, insbe-
sondere den Ursprung der vorgeblichen wunderba-
ren Geburt Jesu Christi. Dieser Umstand macht es
moralisch gewiss, dass die bestrittene Stelle von der
Hand des Josephus ist. Hierzu kommt das unge-
theilte Ansehen aller Handschriften und Ueberse-
tzungen und der Zusammenhang macht die Un-
echtheit derselben moralisch unmöglich. Die letzte
Bemerkung ist folgende: Wenn wir die Lehren von
der Gottheit, der wunderbaren Geburt und der Ge-
nugthuung Christi wegschaffen, so schaffen wir alle
Geheimnisse und Absurditäten der christlichen Re-
ligion hinweg; wir können alle bedeutende Ein-
wendungen gegen ihren göttlichen Ursprung beant-
worten, und dieselbe als ein System der reinsten
Moral, durch die ehrwürdigsten Sanctionen verstärkt
aufstellen etc.

-

In einem Anhange gibt der Vf. Nachricht von
der durch die Bemerkungen des Hrn. Belsham und
die wiederholte Bekanntmachung von Horsley's Brie-
fen erneuerten Streitigkeit zwischen Priestley und
Horsley. Die Vertheidiger des orthodoxen Glau-
bens machen Anspruch auf den Sieg in dieser Con-
trovers, und beschuldigen den Priestley der gröb-
sten Verdrehungen und der Unwissenheit in der
griechischen Sprache. Hr. Jones hingegen ist ein
enthusiastischer Lobreder dieses Mannes, und gibt
dem Bischof Horsley seine Beschuldigungen zurück,
lässt zwar seiner Gelehrsamkeit Gerechtigkeit wie-
derfahren, sagt aber unter andern, er sey auf Irr-

1814.

thümer verfallen, deren sich ein verständiger Schul-
knabe schämen wurde, wenn sie ihm zur Last ge-
legt würden. Ausser verschiedenen Stellen aus Hors-
ley's Charge to the clergy etc. führt er auch ein
Argument an, womit dieser Bischof die Lehre von
der Drez einigkeit beweisen will. Er behauptet, sie
sey unter allen heidnischen Völkern bekannt gewe-
sen, und noch vor Abrahams Zeiten entstanden.
Auch sogar die vereinigte Verehrung des Jupiter,
der Juno und der Minerva sollen die Dreyeinigkeit
bezeichnen. ir. Jones seizt mit Recht hinzu, jeder
aufgeklärte Freund des Christenthums müsse unwil-
lig werden, wenn er diese Stelle gelesen habe, weil
er sich unmöglich überreden könne, dass der Verf.
den Inhalt derselben im Ernste geglaubt habe. Den
Anhang beschliessen einige Bemerkungen des Vfs.
über ein Werk von der Genugthuung, welches ein
gewisser D. Magee vor Kurzem herausgegeben hat.
Er erklärt das ganze Werk für ein seltsames Ge-
misch von Geleh samkeit und Unwissenheit, von
affectirter Demuth und wirklicher Arroganz, von
vorgeblicher Liebe für das Evangelium, und von
intolerantem Eifer für antichristische Lehren, wel-
che dasselbe entstellen. Nach den Proben, welche
Hr. Jones mitgetheilt hat, hat D. Magee die Lehre
von der Genugthuung wirklich mit seichten Grün-
den zu vertheidigen gesucht. Was aber Hrn. Jones
selbst betrifft, so wird man aus diesem Auszuge se-
hen, dass er zwar ein Mann von Gelehrsamkeit u.
vielen Kenntnissen ist, dass er aber oft von seiner
Phantasie und Combinationsgabe hintergangen, auf
Resultate kommt, die bey nüchterner, unparteyischer
Früfung in ihr Nichts zurückfallen, womit wir aber
diesem Werke seinen Nutzen nicht ganz abspre-
chen wollen; denn es enthält manchen Stoff zu wei-
tern Untersuchungen. Wir wollen für jetzt nur
das Einzige bemerken, dass Josephus und Philo al-
lerdings Christen gewesen zu seyn scheinen, dass
sie aber zu der S cte der Nazaräer, welche wahr-
scheinlich mit den Ebioniten einerley waren, ge-
hört haben. So dunkel die Geschichte dieser Secte
ist, so scheint doch aus den Nachrichten der Alten,
welche Walch (Entwurf einer vollständigen Historie
der Ketzereyen, Th. I. S. 101 fg.) gesammelt hat,
so viel geschlossen werd n zu können: Sie hielten
Jesum fur einen Sohn Josephs und der Maria, und
für einen blossen Menschen. Allein ob sie gleich
seine Gottheit läugneten, so erkannten sie ihn den-
noch für den Sohn Gottes, wie Augustin und Jo-

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